Andreas Magg ist begeisterter Landwirt, LsV-Funktionär, Aufsichtsrat der Besamungsstation Memmingen und Theaterspieler. Eines aber treibt ihn besonders um: seine Bodenqualität.
Beim Betreten des Stalles ist Musik zu hören, nicht zu laut, aber deutlich. Es könnte Andrea Berg sein. „Bei uns läuft im Stall fast immer das Radio“, erklärt Andreas Magg, „ich glaube das mögen die Kühe, und ich mag es auch!“ Besonders Schlager bringen den Landwirt aus Sontheim in Schwung – genau wie seine vorwiegend braune Herde, meint der Landwirt. „Helene Fischer tut den Kühen gut“, sagt Andreas und lacht. Gut tut es aber auch ihm. Der bekennende Helene-Fan war bereits auf sieben Konzerten der Schlagerqueen.
In der Braunviehzucht machte sich Maggs Herde seit der genomischen Selektion einen Namen: Viele Kühe und Rinder typisieren bestens. In kurzer Zeit schafften drei Stiere den Sprung zur Alpengenetik: AG Vorneli, AG Campari und AG Volcano. Auch er selbst vertraut seiner Genetik, allein von Campari stehen elf Rinder im Stall.
Landwirt macht sich einen Namen beim Braunvieh
Von Beginn an beteiligt sich Magg am Projekt Braunvieh-Vision (heute G+R), meldet Gesundheitsdaten und lässt alle weiblichen Kälber typisieren. Einen richtigen Schub gab es bei der Einführung des Single-Step-Verfahrens: „Amsterdam, die Mutter von Vorneli, ist mit Single Step um 20 Punkte gestiegen“, erinnert er sich.
Auch fast alle Stierkälber werden typisiert, die meisten auf eigene Kosten. „Einige Kälber steigen durch die Genomik stark im Zuchtwert an, und wenn ich nur einen Besamungsstier verkaufen kann, sind die Typisierungskosten über Jahre bezahlt“, begründet das der Züchter. Weit über seiner Vorschätzung lag zum Beispiel AG Volcano: Seine Mutter Egnos steht bei GZW 118, sein Vater Vollmacht bei 124, das sind im Schnitt GZW 121. Volcano aber hat GZW 137, also 16 Punkte mehr als vorgeschätzt. »Nur wenn ich viel typisiere, finde ich auch die Kälber, die stark steigen!« Zudem sind viele Stierkälber bereits hoch vorgeschätzt, was bei dem hohen Niveau in der Herde nicht überrascht. 14 Kühe bzw. Rinder liegen aktuell bei über 130 im GZW. Die gute Genetik spiegelt sich auch in der Leistung wider, die Kühe melken im Schnitt 33 kg Milch am Tag. Die Jahresleistung liegt bei 10 400 kg Milch.
Zucht war nicht von Anfang an die Leidenschaft
Bei der Viehzucht ist Andreas ein „Spätberufener“. In seiner Jugend hat er sich nicht viel dafür interessiert, wie er selber erzählt. Die Stiere hat früher meistens seine Mutter Victoria herausgesucht, die heute 75 ist und immer noch, so gut es geht, mithilft wie sein Vater Franz (82). „Etpat war Mamas Liebling, seine Töchter haben bei uns sehr gut funktioniert“, erinnert sich Andreas an die mittelrahmigen, euterstarken und langlebigen Kühe. Andreas war viel unterwegs, hat in anderen Betrieben und für einen Lohnunternehmer gearbeitet. Sein züchterische Interesse weckte ein Berufskollege aus dem Dorf, Georg Herz, bei dem Magg lange Betriebshelfer war. „Bei ihm habe ich Zuchtluft geschnuppert“, sagt Andreas.
So kennt ihn jeder: Ein Bergbauer auf 692 Metern
Der Hofname und die Straßenanschrift von Maggs Betrieb lautet „Bergbauer“. „Immerhin liegen wir 35 Meter über dem Dorf“, sagt er lachend, wohl wissend, dass viele „echte“ Bergbauern deutlich höher liegen als Sontheim auf 692 m. Jedenfalls kennt den Andreas Magg jeder im Umkreis unter seinem Hofnamen, er ist der Bergbauer, oder der „Bergi“.
Züchterisch an Bedeutung gewinnt für Andreas das Merkmal Melkverhalten, für das es seit einigen Jahren einen Zuchtwert gibt. Ruhige Kühe seien gerade im Melkroboter wichtig. Mit Interesse habe er an einem Treffen von GGI-Spermex die Argumente eines norwegischen Züchters verfolgt, der dazu aufrief, die Merkmale Fettprozent, Melkverhalten und Strichdicke wieder stärker zu beachten. Die Stierauswahl sei trotz aller Zahlen viel „Gefühlssache“ und auch das Exterieur müsse neben der Milchmenge passen.
Ein Meilenstein für den Betrieb war der Stallneubau im Jahr 2012. Über den für ihn idealen Grundriss hat Magg lange getüftelt. Andreas wollte eine eigene Frischmelkergruppe, die ebenso freien Zugang zum Melkroboter hat wie alle anderen laktierenden Kühe.
Landwirt tüftelt lange: So sieht sein idealer Stall aus
Daraus entstand folgende Aufteilung: An der südlichen Stirnseite des Stalles ist eine große Abkalbebox, danach folgen 22 Liegeboxen für frisch laktierende und junge Kühe und anschließend, etwa nach einem Drittel, steht der Melkroboter. Danach kommen 56 Liegeboxen, die man flexibel auf die weiteren Laktierenden, oder am hinteren Stallende auf die trockenstehenden Kühe aufteilen kann.
Durch die Herdentrennung kann er den frisch melkenden Kühen Zugang zu einer Standweide anbieten, die für die gesamte Herde nicht ausreichen würde. Außerdem stoße man bei 70 Kühen auf der Weide an Regentagen schneller an die Grenzen. „Jetzt lassen wir die Frischmelker zwei bis drei Stunden raus. Das funktioniert und es tut den Kühen gut“, sagt Magg. Gefüttert werden sie aber fast ausschließlich im Stall mit einer hochwertigen Mischration. Als sehr gute Investition bezeichnet er die Kuhdusche, die vor vier Jahren installiert wurde. Die Kühe mögen den Sprühnebel an heißen Tagen und es verhindert, dass im Sommer die Spalten rutschig werden.
Sehr nützlich für das Herdenmanagement sind die vielen Möglichkeiten, die ihm das automatische Melksystem und das Gesundheitsprogramm zur Verfügung stellen. Zum Beispiel die Messung der Wiederkautätigkeit. Im Schnitt liegen seine Kühe bei 548 Wiederkauminuten pro Tag. Sobald das Wiederkauen, die Aktivität oder die Parameter aus der Milch aber nicht mehr passen, „spucke“ das System sofort einen Alarm heraus.
Landwirt liegt Bodengesundheit am Herzen
Eine Herzensangelegenheit ist Andreas Magg die Verbesserung der Bodenqualität. Hier begann er vor einigen Jahren mit Weiterbildungen, besucht Kurse bei Experten wie „Näser und Wenz“ oder bei Ingrid Bauer. Er holt sich Anregungen beim Verein „Boden.Leben“, nutzt jede Gelegenheit zum Gedankenaustausch und verfolgt interessiert die Erfahrungen seiner Berufskollegen in einschlägigen WhatsApp-Gruppen. Wenn Zeit ist, beteiligt er sich mit Gleichgesinnten an den sogenannten „Regenwurmfahrten“.
„Ein gesunder Boden ist die Voraussetzung für gesundes Futter“, betont Magg, der schon einige Maßnahmen im Betrieb umgesetzt hat. „Vor drei Jahren haben wir den Pflug verkauft, setzten auf minimale Bodenbearbeitung und machen nun fast alles mit Direktsaat“, erklärt Magg. Bewährt hätten sich die Untersaat im Getreide und winterharte Zwischenfrüchte im Herbst. Auf Fungizidbehandlungen und Halmverkürzer verzichtet er und bringt dafür die richtigen Nährstoffe aus, um die Pflanzen gesund zu erhalten.
Bei der Gülleaufbereitung arbeitet er mit Effektiven Mikroorganismen (EM), Steinmehl und Pflanzenkohle bzw. dem Bodenhilfsstoff Leonardit. „Ich will Gülle in Rotte bringen“, erklärt der Landwirt, der feststellt hat, dass seine Gülle heute deutlich fließfähiger ist als früher. Bei ihm habe es in den letzten fünf Jahren ein großes Umdenken gegeben. Andreas: »Früher saß ich beim Gülle fahren nur auf dem Traktor. Heute steige ich viel ab und schaue was der Boden und die Pflanzen machen!«
Sein Vater habe bereits vor Jahrzehnten mit Steinmehl und dem Plocher-System gearbeitet. Jetzt ist Andreas gefesselt von der Idee, die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern. EM stellt er selber her und kommt hier auf Kosten von rund 30 bis 40 ct/Liter. In die Liegeboxen streut er eine Stroh-Steinmehl-Mischung. In der Fütterung verwendet er phasenweise Apfelessig oder Futterkohle. Den Kompost für den Acker stellt er aus Mist, Futterresten, Laub und Hackschnitzeln unter Zusatz von Steinmehl und Kalk sowie mithilfe eines Kompostwenders her. Sein Ziel sind ein „pilzlastiger Kompost“ mit einem C : N-Verhältnis von etwa 10 : 1.
Bei der Düngung arbeitet er mit SSA anstatt mit Kalkammonsalpeter und nutzt Granulatkalk mit vielen Spurenelementen. Die Bodenuntersuchungen lässt er nach dem System von Albrecht-Kinsey machen, das die Bodenfruchtbarkeit nach einem komplexen Verfahren beurteilt und dabei auf die sogenannte Kationenaustauschkapazität achtet. Er will künftig auch im Grünland mit der Blattsaftanalyse arbeiten und gezielt Spurennährstoffe spritzen, je nach Bedarf etwa Bor, Kobalt oder Schwefel. Hier holt er sich Anregungen bei NovaCropControl, einem Forschungs- und Testzentrum, das sich mit Pflanzensaftanalysen beschäftigt.
Landwirt will unnötigen Bodendruck vermeiden
Unnötigen Bodendruck versucht er zu vermeiden, was manchmal auch Geduld erfordere. So habe er heuer mit der Mahd des zweiten Schnittes aufgrund der wiederholten Niederschläge sieben Wochen gewartet. Ganz nach dem Motto: Lieber ein Schnitt, der dann nur fürs Jungvieh passt, als einen auf Jahre verdichteten Boden.
Die Maßnahmen zeigen Früchte, ist Andreas überzeugt, und sticht am Maisacker mit dem Spaten etwas Erdreich heraus. Der Boden sei lockerer, krümeliger und könne mehr Wasser aufnehmen als früher. Auch die Zahl der Regenwürmer habe zugenommen. Der Ertrag sei trotz deutlich geringeren Düngeraufwands mittlerweile stabil.
Ein recht junges Thema ist die CO2-Bilanzierung in der Milcherzeugung. Maggs Molkerei Champignon begann vor vier Jahren mit einem Projekt zum CO2-Fußabdruck, an dem sich Andreas beteiligte. Dabei kommt er auf einen Wert von rund 0,85 kg CO2 pro kg Milch. Das Ziel ist ein möglichst kleiner Wert.
Theater und Musik als Ausgleich zum Hof
Andreas ist sehr interessiert an agrarpolitischen Themen. Für die junge Berufsvertretung LsV sitzt er in Schwaben im Beirat und war vergangenen Winter intensiv an der Organisation der Bauernproteste beteiligt. Eine große Tageszeitung bat ihn deshalb zu einem Streitgespräch mit der Grünen-Politikerin Katharina Schulze. „Das hat mich schon etwas Nerven gekostet“, fasst Magg einige Ansichten der Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag zusammen. Vieles, was für die Bauern zusätzliche Belastungen, Überwachungen, Auflagen und Schikane bedeuten, sei von ihr als Chance verkauft worden. „Da treffen einfach Welten aufeinander“, sagt Magg.
Als Ausgleich vom Fachlichen ist Andreas Magg ein begeisterter Theaterspieler. Seit 17 Jahren wirkt er mit großer Leidenschaft bei der Sontheimer Laienbühne mit. „Da schlüpfe ich für ein paar Stunden in eine andere Rolle, bin ein anderer Mensch und kann richtig abschalten. Das tut gut“, schwärmt er von der Schauspielerei.